Warum denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Heute halten wir uns an Goethes Worte.
Tübingen ist gerade mal eine Stunde von uns entfernt – und trotzdem waren wir das letzte Mal vor … ja, wann eigentlich? – dort. Also beschließen wir: Es ist höchste Zeit, uns auf den Weg in die Unistadt zu machen. Das Wetter ist optimal, das Auto geladen und die Wasserflaschen sind gefüllt.
Wir gehören ja eher zur Fraktion spontan, also suche ich während der Fahrt nach einer öffentlichen Stadtführung – und werde, wie erwartet, auf der Stadtseite fündig. Faire 10 Euro pro Person, werden hier verlangt. Am liebsten würde ich auch gleich noch eine Stocherkahnfahrt buchen, aber wir entscheiden uns vorerst, bei der Stadtführung um 15:00 Uhr zu bleiben und die Stocherkahnfahrt eventuell spontan am Abend zu machen.
Wie schön, als wir ankommen haben wir noch genügend Zeit, um auf eigene Faust durch diese vibrierende und aber auch irgendwie gemütliche Stadt zu schlendern.



Tübinger Kühe und Kopfkino
Fast jede Familie hatte damals ihre eigene Kuh direkt hinterm Haus“, verrät uns die Stadtführerin später bei der Stadtführung. Und plötzlich habe ich das Kopfkino: Kuhparade durch die Neckargasse! Morgens trotten sie mit dem Kuhhirten los zum Neckar – gemächlich, vielleicht mit einem müden Muh –, abends dann zurück, satt, zufrieden wieder zurück in ihre Ställe im Hinterhof – mitten in der Stadt. Und das alles übers gute alte Kopfsteinpflaster, das damals bestimmt so manche Geschichten erzählen könnte.
Eine Frage stellt sich mir aber doch: Wie haben es die Kuhhirten geschafft, jeder Familie auch wieder die richtige Kuh zurückzubringen?
In der Gruppe kommen wir schließlich zu dem Schluss, dass die Kühe selbst ihren Heimatstall kannten. Unsere Vermutung: Wahrscheinlich war es wie bei anderen Haustieren – die finden schließlich auch allein den Weg nach Hause.
Noch ein Kopfkino: Nicht auszudenken, was da für ein Chaos entstanden wäre! Ich stelle mir vor – ich öffne morgens die Stalltür, und da steht nicht Berta, meine Lieblingskuh, sondern irgendeine wildfremde Rinderdame mit skeptischem Blick und völlig falschem Fleckenmuster. Also stapfe ich zum Nachbarn: „Du, hast du zufällig meine Kuh?“ – „Nee, ich hab hier auch nicht meine!“
Und so beginnt eine wahre Odyssee durch die Neckargasse: Überall Menschen mit fragendem Gesicht und Kühen an Stricken, die keine Lust mehr haben, weiterzugehen, weil ihnen das Futter im falschen Stall vielleicht besser geschmeckt hat. Einige Kühe muhen beleidigt, andere sind längst bei der falschen Familie eingezogen und haben sich arrangiert. Am Ende weiß keiner mehr, wem welche Kuh gehört – aber Hauptsache, alle sind gemolken.
Königliche Ausblicke
Wir schlendern weiter in Richtung Schloss, immer bergauf über das Kopfsteinpflaster – wie die Kühe.




Punktlandung
So langsam müssen wir uns aber wieder auf den Weg nach unten machen, denn vor der Stadtführung möchten wir noch etwas essen. Durch den berühmten Zufall entdecken wir ein kleines, gemütliches Lokal in der Altstadt. Eine Stunde müsste eigentlich reichen, denken wir uns, und bestellen gleich – mit dem Hinweis, dass wir einen Termin zur Stadtführung haben und es deshalb ein wenig eilig haben. Kein Problem für die Bedienung – für den Koch aber offenbar doch.

Unser erster Stopp führt uns nur kurz über die Straße um dann am Ufer des Neckars mehr über die Geschichte Tübingens zu erfahren.


Die Stadtführerin gestaltet ihre Führung mit viel Spaß und Wissen äußerst kurzweilig. Wir sehen das Schloss – ja, das hätten wir uns vorhin eigentlich sparen können. Egal, wir entdecken und erfahren trotzdem Neues. Natürlich darf auch die berühmte Stiftskirche St. Georg nicht fehlen. Dazu gibt es süffisante Geschichten über die Studierenden anno dazumal – und Erklärungen, was es mit den vielen Hinweisen „Hier war Goethe“ auf sich hat.
Unsere letzte Station der Stadtführung – das schöne historische Rathaus von Tübingen.

Ich werde vermisst und überall Wasser
Der Tag ist noch jung, die Stadtführung zu Ende, und durch Tübingen kann man nicht genug schlendern. Es gibt so viel zu sehen und zu entdecken – also weiter durch die Gassen: rauf und runter, links und rechts, hin und her. Als ich wohl nach dem Empfinden Nicos nicht schnell genug aus einer kleinen Boutique – sie hatte aber auch einfach zu schöne Sachen – wieder herauskomme, gibt er eine „Suchmeldung“ bei der Verkäuferin auf – ich war ein Stockwerk tiefer, wo ich natürlich auch fündig wurde. Die kleine Läden sind aber auch einfach zu schön, um nicht darin zu stöbern, da vergisst Frau schon mal die Zeit. Von nun an passt er gut auf mich auf, damit ich nicht wieder verloren gehe.

Die Ammergasse gefällt mir besonders gut mit ihren kleinen Geschäften und Cafés – aber das Schönste sind die kleinen Stege, die über die Ammer zu den Häusern führen.

…. und schon wieder begegnet uns die Ammer. Ich finde es einfach immer schön, wenn Wasser durch eine Stadt fließt – es ist so gemütlich. Wahrscheinlich mag ich deshalb auch Amsterdam, Bamberg und Colmar so gerne.

Wir machen uns auf den Weg nach Hause, denn die Füße tun langsam, aber sicher weh. Das Auto ist inzwischen auch wieder voll geladen, während es auch seinem Parkplatz auf uns wartet. Die Stocherkahnfahrt verschieben wir auf den nächsten Besuch in Tübingen – wir müssen uns ja auch noch etwas übrig lassen – oder?
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